Singer/ Songwriter
Es gab 'ne Zeit, wo Du für mich
ganz attraktiv warst, und wo ich
mir dachte: Die wär ganz genau
für mich die Richtige, doch schau:
Die Zeit hat schwer an Dir genagt;
Warum? - Ich hab mich oft gefragt.
Doch es ist nicht zu übersehn:
Du lässt dich gehn, du lässt dich gehn.
Ach SPD, ich hab so oft,
doch so vergeblich drauf gehofft,
Du würdest wieder einmal rot.
Doch dafür schämst du Dich halb tot.
Als ich mit Bebel kommen wollt,
hast Du die Bibel rausgeholt -
und das noch nicht mal aus Versehn.
Du lässt dich gehn, du lässt dich gehn.
Was Du mir früher so gekocht
war oft so scharf, wie ich das mocht,
mit sehr viel Mark - so richtig stramm,
heut bringst Du Hartzer Käse an.
Und frisst Dir selbst so schnell Du kannst
Dir einen Vorratssspeicher an
warum ist heut, verdammt noch mal
Dir Deine Linie so egal?
Du glaubst, so würdest Du begehrt,
ach glaub mir, das ist ganz verkehrt,
wenn Du in alle Betten springst
und mit Konzernherrn Schampus trinkst
Gefüllt mit Henkel Trocken dann
lässt Du fast jeden an dich ran,
Die kleinen Leute läßt Du stehn
Du lässt dich gehn, Du lässt Dich gehn.
Gefällt Dir heut' ein Opper-Mann
Malst Du Dich schwarz-rot-golden an
Nimmst Du ihn mit dann in Dein Haus
Siehst Du bald ausgemerkelt aus
Und auch zum Nachtisch gibts nur Schales
Vom Billigmarkt Steinbrück & Nahles
Und steckt die Karre dann im Dreck
Da brauchst Du einen Wagenknecht.
Du amputiertest voller Lust
die linke Hälfte deiner Brust.
Dabei ist Deine Rechte schon
geschwollen für die große Koalition,
und ohne Halt der Theorie
hängt sie herunter bis zum Knie.
Dass es Dir an Format gebricht,
verbirgt auch rosa Schminke nicht.
Du warst 'mal Klasse, warst 'mal groß,
heut bist Du harm- und klassenlos.
Ich glaub, Du merkst nicht mal den Trick
der großen Mono-Politik:
Die trimmt sich weiter in Profit.
Solang Du spurst, nimmt sie Dich mit.
Doch wenn die Aktien günstig stehn,
lässt sie Dich gehn; lässt sie Dich gehn.
Auch ich kann Dich nicht mehr verstehn:
Ich lass Dich gehn, ich laß Dich gehn.
Original: Ekkes Frank
Updates: HSR 09 / 2013 / 2015
“Eines aber möchten wir in absehbarer Zeit gewiss nicht hören: das jammervolle Geächz der aus der Regierung herausgeworfenen Sozialdemokraten, weil man sie dann gerade so behandeln wird, wie sie heute den Reaktionären helfen, die Arbeiter zu behandeln . . . Da werden sie dann die Mottenkisten aufmachen, in denen-ach ist das lange her-die guten alten Revolutionsjacken modern, so lange nicht getragen, so lange nicht gebraucht. werden ihnen zu eng geworden sein. Und dann frisch als Sansculotten maskiert, vor auf die Szene. ,Die Partei protestiert auf das nachdrücklichste gegen die Gewaltmaßnahmen . . . ' Herunter! Abtreten! Faule Äpfel! Schluss! Schluss! . . .Alles gut und schön. Aber erzählt uns ja nichts von: Recht auf die Strasse; Polizeiwillkür; Verfassung; Freiheit . . . erzählt sonst alles, was ihr lustig seid. Aber dieses eine jemals wieder zu sagen-: das habt ihr verscherzt.”
Zitat aus:
Kurt Tucholsky, Die Weltbühne, 22.09.1931, Nr. 38, S. 454